Die wichtigsten Neuerungen zum Vergaberecht in Frankreich.
Die letzten Neuerungen im französischen Vergaberecht wurden eingeführt durch „Décret“ vom 10. April 2017 und „Arrêté“ vom 14. April 2017, welche die komplette elektronische Vergabe ab dem 1. Oktober 2018 gewährleisten sollen. Seit 1. April 2016 ist das neue Vergaberecht in Frankreich anwendbar. Es basiert auf der „ordonnance“ vom 23. Juli 2015 (2015-899 du 23 juillet 2015, JO 24 p. 12602) und dem Einführungsgesetz vom 25. März 2016 (décret 2016-360 du 25 mars 2016, JO 27 texte no 28).
Seit diesem oben genannten Datum gilt das bisherige Vergabegesetzbuch von 2006, der sog. Code des Marchés Publics, mithin nicht mehr. Ein neues Vergabegesetzbuch ist gem. „Sapin II“ für Ende 2018 vorgesehen.
Der neue Vergaberechtstext fusst wiederum auf den europäischen Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU vom 26. Februar 2014 für öffentliche Beschaffungen wie ebenfalls des bisherigen öffentlichen Vergaberechts. Es wird nun nicht mehr unterschieden zwischen dem öffentlichen Vergabegesetzbuch und den öffentlichen Auftraggebern, die lediglich die Ordonnance N°2005-649 vom 6. Juni 2005 beachten mussten (z.B. EPIC, SNCF, RATP, etc …).
Das französische Finanz- und Wirtschaftsministerium verweist auf seiner Homepage auf die aktuell anwendbaren Vergaberechtsvorschriften (z.B. der aktuellen französischen CCAG 2014 und vor allem dem „Arrêté“ vom 3. März 2014, vergleichbar mit der deutschen VOB/B von 2016). Das neue französische Vergaberecht ist auf alle Ausschreibungen ab dem 1. April 2016 anwendbar.
Gesetzestext auf legifrance.gouv.fr:
www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000032295952&dateTexte=20170606
Per „Arrêté“vom 29. März 2017 wurde für Ausschreibungen ab dem 1. April 2017 ebenfalls die Nachweispflicht der Bieter wesentlich verkürzt.
Wichtigsten Neuerungen im französischen Vergaberecht
Aufgrund der „ordonnance n°2014-697 vom 26. Juni 2014 » können Rechnungen seit Januar 2017 von grösseren Unternehmen an öffentliche Auftraggeber nun elektronisch ausgestellt und versand werden. Dies erfolgt mittels eines speziell eingerichteten Zahlungsportals (Chorus Pro) im Internet.
Diese Neuerung basiert auf der Intention, das Vergabeverfahren insgesamt wesentlich elektronischer zu gestalten und dies von Beginn an (d.h. bereits mit der Ausschreibung und der Übersendung der Ausschreibungsunterlagen, unabhängig vom jeweiligen Ausschreibungsverfahren). Der öffentliche Auftraggeber in Frankreich darf elektronisch übermittelte Angebote der Bieter nicht ablehnen und dies unabhängig vom jeweiligen Ausschreibungswert. Die elektronische Unterzeichnung der Angebote ist noch nicht möglich, wohl aber die elektronische Unterzeichnung des Auftrages.
Vergabeverfahren und Schwellenwerte im französischen Vergaberecht
Hinsichtlich der unterschiedlichen Ausschreibungsverfahren wird grob unterschieden zwischen:
- den formalisierten Verfahren ab Erreichen der Schwellenwerten von 5.225.000 Euro, d.h. der „appel d’offre“, des „dialogue compétitif“ und das erweiterte „procédure concurrentielle avec négociation“ wenn es sich um innovative Leistungen oder Leistungen besonderer Komplexität bzw. Arbeiten mit vorheriger Konzeption handelt;
- der « procédure adaptée » (MAPA) für Aufträge unterhalb der Schwellenwerte von 5.225.000 Euro;
- das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung und Wettbewerb für Aufträge unterhalb von 25.000 Euro.
Nach wie vor ist die Aufteilung in Einzellosen das Ziel. Ferner wurde auch eingeführt, dass Angebote, die unüblich niedrig sind, ausgeschlossen werden, um eine deloyale Konkurrenz unterhalb der Bieter zu vermeiden. Dem französischen öffentlichen Auftraggeber kommt hier eine besondere Prüfungspflicht nach.
Interessanterweise werden nun die Abgabe von Nebenangeboten besonders gefördert.
Die aktuellen Schwellenwerte, die alle zwei Jahre von der europäischen Kommission vorgegeben und sodann per „Décret“ in Frankreich umgesetzt werden, betragen seit dem 1. Januar 2016 für die formalisierten Ausschreibungsverfahren :
- 135 000 € ohne MwSt. für staatliche Liefer- und Dienstleistungsverträge ;
- 209 000 € ohne MwSt. für Liefer- und Dienstleistungsverträge der Regionen und Gemeinden ;
- 418 000 € ohne MwSt. für Liefer- und Dienstleistungsverträge bestimmter Auftraggeber (z.B. SNCF, RATP, Verteidigungsministerium);
- 5 225 000 € ohne MwSt. für öffentliche Bauaufträge und Konzessionsverträge.
Regelungen zur späteren Auftragsdurchführung (vor allem Vorauszahlung ab 50.000 Euro, monatliche Abschlagszahlungen, Zahlungseinbehalt i.H.v. 5 % , Subunternehmerregelung und Regelungen zu Nachträgen) sind in Titel IV der „Ordonnance“ genannt.
Das Zahlungsziel bei öffentlichen Aufträgen soll im Jahre 2017 von aktuell 30 Tage auf maximal 20 Tage verringert werden (mit einem automatischen Verzugszins von aktuell 8 %).
Tabelle auf collectivites-locales.gouv.fr:
www.collectivites-locales.gouv.fr/files/files/commande_publique/interets_moratoirs_2017.pdf
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Eine Information von ALARIS AVOCATS.