Kündigung in Frankreich (Betriebsbedingte Kündigung – Cass. soc. 1-6-2022 n° 20-19.957 FS-B, Sté Children Worldwide Fashion c/ D)
Seit dem 1. Dezember 2016 legt Artikel L 1233-3 des frz. Arbeitsgesetzbuches objektive Kriterien fest, die bei einer betriebsbedingten Kündigung vorliegen müssen. Darunter fallen signifikante Veränderungen mindestens eines Wirtschaftsindikators wie z.B. ein längerer Auftragsrückgang oder Umsatzrückgang, wie ebenfalls Betriebsverluste oder eine Verschlechterung der Trésorie.
Voraussetzungen einer Kündigung in Frankreich
Die Frage ist, auf welchen Vergleichszeitpunkt und welche Dauer bei der Beurteilung der Wirtschaftsindikatoren abgestellt wird.
Dies hat zuletzt der Kassationsgerichtshof im Sommer 2022 beantwortet:
Vergleichszeitpunkt der Kündigungsvoraussetzung
Hiernach wir bei der Vergleichsrechnung, wann ein erheblicher und längerer Auftrags- oder Umsatzrückgang vorliegt, ein Vergleich der Auftrags- oder Umsatzhöhe zum Zeitpunkt der Kündigungszustellung im Vergleich zur Auftrags- oder Umsatzhöhe des Vorjahres gezogen (Cass. soc. 1-6-2022 n° 20-19.957 FS-B, Sté Children Worldwide Fashion c/ D).
Dauer der Kündigungsvoraussetzungen
Bei der Beurteilung der Dauer bzw. der Länge des Auftrags,- und Umsatzrückganges wiederum bestimmt sich diese nach der Anzahl der Betriebsmitarbeiter.
Gemäß Artikel L 1233-3 des frz. Arbeitsgesetzbuchs liegt ein erheblicher Auftrags- oder Umsatzrückgang vor, wenn seine Dauer im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres mindestens einem Trimester entspricht bei Unternehmen mit weniger als 11 Mitarbeitenden; 2 aufeinanderfolgenden Trimester bei Unternehmen mit mindestens 11 und weniger als 50 Mitarbeitern; 3 aufeinanderfolgende Trimestern bei Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten und weniger als 300 Mitarbeitern und 4 aufeinanderfolgende Trimestern bei Unternehmen mit mindestens 300 Beschäftigten.
In diesem Sinne muss bei einem Unternehmen, das mindestens 300 Mitarbeiter beschäftigt, der Auftrags- oder Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum mindestens 4 aufeinanderfolgende Trimester, d.h. ein Jahr dauern.
Im oben genannten Urteil hat der Arbeitgeber einen erheblichen Umsatzrückgang von 22.835 Millionen Euro innerhalb von 4 aufeinanderfolgende Trimester im Jahr 2016 im Vergleich zu 2015 nachweisen können, insbesondere aufgrund des Verlustes von Lizenzen. In den Jahren zwischen 2016 und 2017 erholte sich der Umsatz wieder …. was jedoch für das zuständige Berufungsgericht zunächst nicht weiter von Bedeutung war.
Dem widersprach jedoch der Kassationsgerichtshof. Dieser begründete, dass die Richter bei der Beurteilung der Kündigungsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entlassung abstellen müssen, was vorliegend nicht geschehen ist, da die Kündigungszustellungen im Jahre 2016 erfolgten (siehe auch Cass. soc. 26-2-1992 no. 90-41.247 P; Cass. Soc. 11-5-1999 Nr. 97-40.912 D).
Zweimalige Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen
Das hat zur Folge, dass bei der Beurteilung der Kündigungsvoraussetzungen der Vergleich somit eigentlich zweimal durchgeführt werden muss: zunächst vor Beginn des eigentlichen Kündigungsverfahrens und sodann noch einmal kurz vor Zusendung der Kündigungszustellungen. Bei Massenkündigungen kann zwischen beiden Terminen aufgrund der einzuhaltenden Prozesse mehrere Monate liegen – mit dem Risiko, dass sich die Auftrags,- und Umsatzlage wieder verbessert und die Kündigung somit nicht mehr erfolgen kann.
Erfahren Sie hier mehr über unsere Leistungen als Kanzlei zum Thema Arbeitsrecht in Frankreich!
Eine Information von ALARIS AVOCATS.
Rechtlicher Hinweis: Die Beiträge auf unserer Homepage alaris-law.com erheben keinen Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit und sollen lediglich einem ersten Überblick dienen. Insbesondere können diese Beiträge keine umfängliche anwaltliche Beratung ersetzen. Unsere Kanzlei kann mithin hierfür keine Haftung übernehmen. Für verbindliche Auskünfte stehen wir Ihnen jedoch gerne mit unserem Team zur Verfügung.